BPMN Pools und Lanes in der Praxis – eine Einführung
Viele Prozessverantwortliche verstehen Pools and Lanes, ohne näher darüber nachzudenken, wie folgt:
- BPMN-Pools repräsentieren ganze Organisationen und umfassen Lanes
- BPMN-Lanes geben an, wer eine bestimmte Reihe von Aufgaben löst
An diesen Definitionen ist natürlich nichts auszusetzen. Perspektivisch aber empfiehlt es sich, diese Begrifflichkeiten noch besser zu verstehen, um qualitativ hochwertige Prozessmodelle als Basis einer erfolgreichen BPM-Initiative zu entwickeln.
Sehen wir uns den Prozess für die Kreditaufnahme bei einer Bank an: Pools und Lanes im Prozessmodell
Nach unserem grundlegenden Verständnis von BPMN-Pools und Lanes würden wir zunächst dieses Prozessmodell entwerfen:
Bei genauerem Hinsehen stellen wir jedoch fest, dass dieses Prozessmodell nicht den gängigen Best Practices für BPMN-Pools und Lanes entspricht.
- Nur Elemente, die wirklich wichtig für uns sind, sollten in einem weiteren Pool abgebildet werden:
Das bedeutet für unser Beispiel: Für Kunden sollte ein zugeklappter Pool erstellt werden. Wir kontrollieren nicht, was unsere Kunden tun, sondern erhalten und bearbeiten nur ihre Kreditanträge. Sie können daraufhin andere Aktivitäten ausüben und das Angebot beispielsweise von ihrem Finanzberater prüfen lassen. Der Versuch, alle kundenbezogenen Aktivitäten innerhalb eines Prozesses zu modellieren, würde die Möglichkeiten des Prozessmanagements sprengen. Als Faustregel lässt sich eher formulieren: Ein Prozessmodell sollte genau einen ausgedehnten Pool umfassen, der einen Rahmen um diesen bestimmten Prozess bildet – und, wenn nötig, einen Pool oder mehrere Pools, die für sich stehen.
- BPMN-Lanes sollten bestimmte Rollen abbilden:
Häufig werden Lanes definiert, die zu unspezifisch sind, wie etwa „Vertriebsabteilung“. Sinnvoller ist es, genau zu bestimmen, welche Rollen welchen Aufgaben zugeschrieben werden. Schließlich gibt es bestimmte Aufgaben, die von erfahrenen Teammitgliedern durchgeführt werden müssen, etwa „Spezielle Konditionen vorbereiten“.
- BPMN-Lanes sollten keine einzelnen Individuen repräsentieren:
Lanes wie „John Doe“ sind zu spezifisch. Werden bestimmte Prozesse im realen Arbeitsalltag einzig und allein von einer Person durchgeführt, haben Sie wahrscheinlich ein Problem in Ihren Betriebsabläufen. Schließlich kann der Prozess nicht korrekt ausgeführt werden, wenn die entsprechende Person erkrankt oder im Urlaub ist. Sollte sie das Unternehmen außerdem verlassen, kann es passieren, dass sie viel implizites Wissen mitnimmt. In unserem Beispiel wäre es sinnvoller, eine feste Rolle (z. B. Risikoanalyst/in) und wahrscheinlich auch ein dazugehöriges Team festzulegen.
Best Practices: BPMN Pools and Lanes
Um die identifizierten Schwachstellen zu verbessern, verändern wir das Prozessmodell wie folgt:
Wie Sie sehen können, gestaltet sich der Umfang des Prozessmodells nun viel klarer. Die Aufgaben und Ereignisse im Pool „Kunden“ besaßen zuvor keine zusätzliche Bedeutung. Für die Vertriebsabteilung sind nun feste Rollen definiert, denen ein bestimmtes Pensum an Arbeitsaufgaben zugeschrieben wird. Außerdem ist die Aufgabe „Risiken bewerten“ nicht mehr einem einzelnen Individuum zugeschrieben. Mit Blick auf Ihr individuelles Szenario können Sie zusätzlich die folgenden Änderungen in Erwägung ziehen:
- Um das Verständnis des Prozessmodells zu erleichtern, können Sie den Namen des Pools „Bank“ durch den Namen des Ende-zu-Ende-Prozesses ersetzen, zum Beispiel „Kredit: Bewilligungsantrag“.
- Die Aufgabe „Bedingungen kalkulieren“ kann sogar von einem IT-System ausgeführt werden. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, zusätzlich für dieses System eine Lane zu definieren. So verstehen die Leser, dass die Aufgabe automatisiert wurde. Alternativ ist es auch möglich, entsprechende Service-Tasks zu definieren.
- Unter Umständen agiert die Abteilung für Risikoanalyse eigenständig. Dann ist es möglich, für dieses Team einen Pool zu definieren, der für sich steht. Dies erleichtert die Erstellung von exakt definierten Schnittstellen, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Pools ermöglichen.
Zusammenfassung
Wenn Sie einen frischen Blick auf die Pools und Lanes in Ihren BPMN-Modellen entwickeln, sind Sie in der Lage, Ihre Prozesse präziser und verständlicher zu modellieren – so reduzieren Sie unnötigen Ballast bei der Arbeit mit dem SAP Signavio Process Manager.
Durch korrekt definierte Pools und Lanes haben Sie nicht nur einen genauen Überblick über verschiedene Verantwortlichkeiten, sondern Sie sehen auch die Grenzen eines bestimmten Prozesses. Um Ihr Wissen zu vertiefen, empfehlen wir Ihnen das englischsprachige Buch "BPMN Method & Style" (Bruce Silver).
Expertentipp: Werfen Sie einen Blick in die Spezifikation
Laut der BPMN-2.0-Spezifikation der Object Management Group wird ein Pool als grafische Darstellung eines Teilnehmers im Rahmen der Zusammenarbeit definiert. Daher ist es korrekt, Pools wie folgt zu verwenden:
- für ganze Organisationen, zum Beispiel „Bank“ oder „Kunde“
- um organisationsbezogene Grenzen zu definieren, zum Beispiel „Vertriebsabteilung“
Dennoch empfehlen BPM-Experten, die Pools entsprechend den dazugehörigen Ende-zu-Ende-Prozessen zu definieren (einige Beispiele finden Sie in unserer Buchempfehlung „BPMN Method & Style“). Auf diese Weise schärfen Sie auch den Blick auf die Prozesse. In vielen Fällen ist der Name einer Organisation außerdem auch offensichtlich.