Von der Datenauswertung zur Prozessverbesserung: Procure-to-Pay

Geschrieben von julia | 5 Min. Lesedauer
Veröffentlicht am: 1. Juli 2019 - Letzte Änderung am: October 14th, 2022

Die Digitalisierung wandelt unsere Zusammenarbeit. Immer mehr Geschäftsprozesse verlagern sich in die digitale Welt und werden technologiebasiert gesteuert. Damit hinterlassen sie Spuren in den IT-Systemen – also wichtige Hinweise zur Prozessauswertung. Wie werden diese Spuren analysiert? Am Beispiel eines Procure-to-Pay-Prozesses wird gezeigt, wie Process Mining in der Praxis möglich ist.

Von der Bestellung zur Bezahlung: Procure-to-Pay-Prozesse im Unternehmensalltag

Der P2P-Prozess: komplex, abteilungsübergreifend und fehleranfällig

Der Procure-to-Pay-Prozess (P2P) zählt zu den geschäftskritischen Abläufen einer Organisation. Er umfasst die verschiedenen einzelnen Schritte vom Einkauf bis zur Bezahlung einer Ware. Damit handelt es sich um einen komplexen abteilungsübergreifenden Ablauf, der aus zahlreichen Prüf- und Freigabeprozessen besteht. Während eines P2P-Prozesses gehen die Daten von Kunden und Lieferanten durch viele verschiedene Hände – und je größer ein Unternehmen ist, desto aufwändiger gestaltet sich der gesamte Prozess vom Einkauf bis zur Bezahlung.

Prozessverantwortliche aus unterschiedlichen Branchen fragen sich regelmäßig, wie sie ihren P2P-Prozess effizienter gestalten, um Durchlaufzeiten und Fehlerquellen zu minimieren, den Cash-Flow besser zu überblicken und um ihr Team vor unnötigen oder mehrfach durchgeführten Aufgaben zu bewahren.

Die Chancen der Digitalisierung

Mit der Digitalisierung erhalten Unternehmen aller Branchen die Möglichkeit, geschäftskritische Prozesse effektiver zu gestalten: Sie arbeiten mit Methoden der Automatisierung, speichern Informationen digital und nutzen neue Möglichkeiten für datengestützte Auswertungen.

Auf diese Weise lassen sich auch die einzelnen Schritte komplexer Geschäftsabläufe vereinfachen und synchronisieren – wie zum Beispiel der Einkauf. Branchenexpertinnen und -experten gehen davon aus, dass die Automatisierung die Zukunft des Einkaufs bestimmen wird (Umfrage von SAP in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, 2017).

Process Mining für datenbasierte Auswertungen

Eine zuverlässige Methode, um geschäftskritische Abläufe wie etwa P2P-Prozesse auszuwerten, ist Process Mining. Dabei handelt es sich um eine systematische organisationsweite Prozessanalyse, die auf relevanten Daten aus unterschiedlichen IT-Systemen einer Organisation basiert.

Process Mining wird häufig eingesetzt, um den Unternehmenswandel zu unterstützen, die Customer Experience zu verbessern oder einzelne Abläufe gezielt auszuwerten und zu optimieren – wie etwa einen Procure-to-Pay-Prozess.

Process Mining ist eine Kombination aus Datenanalyse und Geschäftsprozessmanagement. Viele Geschäftsprozesse laufen automatisch oder IT-gestützt ab, so dass sie digitale Datenspuren hinterlassen. Aus diesen unterstützenden IT-Systemen extrahieren wir alle Daten, die einen bestimmten Prozess betreffen. Diese Daten werden mit Hilfe von Data-Science-Technologien visualisiert und ausgewertet. (Henny Selig, Senior Consultant bei Signavio im Process-Mining-Interview)

Doch wie funktioniert eine solche datengestützte Auswertung eines P2P-Prozesses in der Praxis? Im Video am Anfang dieser Seite wird eine systematische Prozessauswertung vorgestellt, die mit der Technologie von Signavio durchgeführt wird und die auf den Prozessdaten eines fiktiven Unternehmens basiert. Mit Blick auf diese Auswertung wird gezeigt, wie dieses Unternehmen die eigenen P2P-Prozesse verbessern kann, um seine Erfolgskennzahlen zu erhöhen.

Anwendungsfall: Wie ein Procure-to-Pay-Prozess durch Process Mining ausgewertet und verbessert wird

Die Erfolgskennzahlen der ACME AG entsprechen nicht der Zielsetzung des Managements. Daher setzen sich Verantwortliche aus unterschiedlichen Abteilungen zusammen, um gemeinsam über Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken. Eine der möglichen Ursachen könnte darin bestehen, dass der P2P-Prozess im Unternehmen nicht effizient verläuft. Vom Headquarter der ACME AG aus ist es schwierig einzuschätzen, wie der Prozess an den unterschiedlichen Standorten des Unternehmens verläuft. Eine datengestützte Auswertung soll Klarheit schaffen.

Visualisierung der Daten

Mit Signavios Tool zur Datenanalyse werden die Prozessdaten aus den verschiedenen IT-Systemen des Unternehmens aggregiert und visualisiert. Auf dieser Basis kann die ACME AG den Procure-to-Pay-Prozess systematisch analysieren. Auf der Benutzeroberfläche können die aggregierten Daten anschaulich dargestellt und ausgewertet werden.

Process Mining mit Signavio

Auswertung der Daten

Zum Einstieg wählen die Prozessverantwortlichen der ACME AG die Widgets „Total Invoice Amount“, „KPI“ und „Cycle Time“ aus, um diesen Prozess näher zu betrachten. Dies sind beliebte Parameter für die datenbasierte Prozessauswertung.

Process Mining mit Signavio - Widgets

Sie beziehen also die Gesamtanzahl aller Rechnungen auf die Erfolgskennzahlen und die Durchlaufzeit des gesamten Prozesses. Dabei erkennen sie: Der P2P-Prozess verläuft langsamer als geplant. Darunter leiden natürlich die Ergebnisse.

Ursachenforschung

Um die Ursache zu ergründen, versuchen die Prozessverantwortlichen nachzuvollziehen, wie dieser Ablauf  im Unternehmensalltag tatsächlich gestaltet ist und inwiefern er vom idealen Prozessmodell abweicht. Dazu betrachten sie die einzelnen Fälle des übergeordneten P2P-Prozesses. Sie visualisieren die Sequenzflüsse der einzelnen Fälle und stellen fest: Es gibt eine Aktivität, die regelmäßig zirkuliert, also an andere Teammitglieder übertragen wird: Bei dieser Aktivität handelt es sich um die Prüfung einer Rechnung. Doch warum verzögert sich dieser Prozessschritt regelmäßig und welche Konsequenzen hat diese Verzögerung für den gesamten Ablauf?

Nach weiteren Auswertungen wird deutlich, dass allein für den Erhalt, die Prüfung und die Bearbeitung der Rechnung 56% der gesamten Durchlaufzeit verwendet werden. Mit Blick auf alle weiteren Schritte in diesem Prozess erscheint dieses Zeitfenster unverhältnismäßig.

Der zeitliche Ablauf des Procure-to-Pay-Prozesses

Die Prozessverantwortlichen der ACME AG möchten mehr erfahren. Anhand der Widgets „Time Series“, „Histogram“ und „Process Discovery“ werten sie die benötigte Zeit und die Häufigkeit aller einzelnen Fälle dieses P2P-Prozesses aus. Dabei finden sie heraus: Die Aufgabe „Rechnung prüfen" wird zu häufig von einem bestimmten Service-Center eines externen Standortes an das Headquarter zurückgespielt und dies verzögert den gesamten Prozess.

Das Ergebnis: Prozessverbesserung als kontinuierliche Aufgabe

Die Prozessverantwortlichen der ACME AG haben durch die Methode des Process Minings herausgefunden:

  • Durch ein unerwünschtes Prozessverhalten verzögert sich der Procure-to-Pay-Prozess der ACME AG, sodass die Erfolgskennzahlen negativ beeinflusst werden
  • Die Durchlaufzeit könnte sich um mindestens einen Tag verringern, wenn die Aufgabe „Rechnung prüfen“ nicht intern zirkulieren würde
  • Die Bearbeiter/innen der Aufgabe „Prozess prüfen“ benötigen an dem betreffenden Standort deutlichere Arbeitsanweisungen, um diese Aufgabe seltener an das Headquarter zurückzuspielen

Mit diesem Wissen optimieren die Prozessverantwortlichen der ACME AG das Prozessmodell. Sie können nun dafür sorgen, dass ihr Team an allen Standorten besser geschult wird, etwa durch detailliertere interne Dokumentationen. Durch diese Veränderungen verringert sich die Durchlaufzeit des P2P-Prozesses. Die ACME AG wird diese Kennzahlen auch in Zukunft prüfen, um ihren Procure-to-Pay-Prozess kontinuierlich zu verbessern.

Veröffentlicht am: 1. Juli 2019 - Letzte Änderung am: October 14th, 2022